Bilduntertitel:
Demonstration: Dußlinger Bürger/innen zeigten der Verwaltung am Donnerstag, wie schwierig die Treppe mit Kinderwagen oder Fahrrad zu erklimmen ist. Bild: Franke
 
Wogen um Steg gingen hoch
Einsichten und Schuldzuweisungen: Am Ende überwog die Erleichterung
 
Der Behelfssteg über die B27
wird, wie gestern berichtet,
nachgebessert. Er bekommt
zwei Rampen statt der steilen
Treppen. Bevor der Gemeinderat
dazu sein Plazet gab, gingen
die Wogen um B27-Ausbau
und Brücke ziemlich hoch.
ULRICH EISELE
 
Dußlingen. Es wirkte fast wie eine
kleine Kundgebung: Jene Gruppe
von 60 bis 80 Dußlinger Bürger/innen,
die sich spontan am Donnerstagabend
zum Ortstermin mit dem
Gemeinderat am Ende der Burgstraße
eingefunden hatten. Mütter
wuchteten mit Mühe Kinderwägen
die steile Rampe hoch, um die
Schwierigkeit zu demonstrieren.
Kleinkinder nutzten die Schienen
hingegen begeistert als Rutsche. Eine
dunkelhaarige junge Frau, Elternbeirätin
an der Anne Frank-Schule,
berichtete Bürgermeister Thomas
Hölsch empört, wie sie am Vormittag
als Begleitperson einer Klasse
den Steg überquert habe. Dabei seien
zwei Kinder „die ganze Treppe“
heruntergefallen, eines habe sich
dabei am Gesicht verletzt. „Man
kann froh sein, dass die beiden nicht
schwer verletzt wurden“, meinte sie.
Hölsch wirkte sehr angespannt. In
den letzten Tagen hätten einige im
Ort „Stimmung gegen die Baustelle
gemacht“, sagte er. Manche hätten
sogar generell Zweifel am Sinn des
Ausbaus geäußert. Das sei jedoch
keine Mehrheit im Ort. Der Bürgermeister
betonte mit Nachdruck,
dass die Brücke mit beiden Treppen
in jetziger Form dem Planfeststellungsbeschluss
entspreche und es
darum gehe, haftungsrechtlich „auf
der sicheren Seite“ zu sein.
„Wir haben das Problem, dass wir
mit dem provisorischen Steg die
ganze künftige B 27 überspannen
müssen“, ergänzte Edwin Kuhn, zuständiger
Abteilungsleiter beim Regierungspräsidium.
Aufgrund der
räumlichen Gegebenheiten habe
man den Steg nicht behindertengerecht
mit Rampen ausstatten können.
Die dürften nämlich nicht
mehr als sechs Prozent steigen und
müssten deshalb bei einer Höhendifferenz
von drei Metern 50 Meter
lang sein. Kuhn beteuerte auch
mehrfach – zuerst beim Ortstermin,
später noch einmal im Gemeinderat
– dass er angesichts der Steilheit der
Treppe erschrocken sei, „wie alle“.
Ihm sei gleich klar gewesen, dass das
Bauwerk so nicht bleiben könne.
Doch wegen des knappen Zeitbudgets
der aufbauenden Firma seien
keine augenblicklichen Nachbesserungen
möglich gewesen.
„Auch mit den jetzt geplanten
Nachbesserungen bekommen wir
keinen Behinderten-gerechten
Steg“, stellte Bürgermeister Hölsch
klar. Die Aufgänge seien auch nicht
so ohne weiteres veränderbar. Jeder
Änderung müsse zuvor mit dem
Straßenbauamt und der Polizeibehörde
abgesprochen werden.
Schließlich müssten die neuen Pläne
von einem Prüfstatiker genehmigt
werden. Die Polizei habe der nun
angepeilten Lösung – zwei Rampen
von 17 Metern Länge mit jeweils einem
Zwischenpodest in der Mitte –
unter der Bedingung zugestimmt,
dass Schilder an beiden Enden die
Benutzung unmissverständlich nur
Fußgängern gestatten. Fahrradfahrer
dürften ihren Drahtesel drüber
schieben. Rollstuhlfahrer werden
darauf hingewiesen, dass sie die
Brücke auf eigene Gefahr benutzen –
„damit nicht einer, dem auf halber
Strecke die Kraft ausgeht und der
umfällt, die Gemeinde oder den
Bund verklagen kann“, erklärte Edwin
Kuhn.
Mit der jetzt angestrebten Rampen-
Lösung, die in zirka drei bis vier
Wochen verwirklicht werden soll,
sind anscheinend alle Gemeinderatsfraktionen
einig. Eine Hebebühne,
wie sie die SPD ins Gespräch gebracht
hat, scheidet als Lösung wegen
technisch kaum beherrschbarer
(Wartungs-)Probleme und der Gefahren
für spielende Kinder aus.
So gab es am Ende im Gemeinderat
nur Manöverkritik. „Warum nicht
gleich so?“, fragte Renate Schelling
(SPD) und schob in ungewohnter
Deutlichkeit an Edwin Kuhns Adresse
nach: „Die Planung ging an den
Bedürfnissen der Bevölkerung vorbei.
Den Vorwurf müssen Sie sich
gefallen lassen.“ Harald Müller formulierte
es für die DWV etwas diplomatischer:
Die Behelfsbrücke sei
eben die „einzige Verbindung zwischen
zwei Ortsteilen“, deshalb habe
sie eine „besondere Bedeutung“.
Das sei bei der Planung „unterschätzt“
worden.
Bürgermeister Hölsch bat darum,
die Sache nicht auch noch hochzuspielen:
„Man hat daraus gelernt, die
Straßenbauverwaltung hat daraus
gelernt.“ Und Rainer Futter (DWV)
nahm Kuhn gegen einseitige Schuldzuweisungen
in Schutz: „Wir haben
der Planung im Gemeinderat zugestimmt.
Den Schuh müssen wir uns
alle anziehen.“